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wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 12:26 #217578

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hallo leute,

ich weiß bald nicht mehr, was ich tun soll! dialysiere jetzt seit 23 jahren, war zweimal ziemlich erfolglos transplantiert. nun verlässt mich langsam der lebensmut. mit der dialyse ansich hab ich wenig probleme, bin ein aufgeklärter patient, weiß was ich tun kann, damit es mir (den umständen entsprechend) gut geht. ich frag mich aber, wozu ich das alles noch tue. es wird sich halt nicht viel ändern an meiner situation.
zu einer dritttransplantation kann ich mich nicht aufraffen. meine antikörper im blut sind so hoch, dass eh wenig aussichten auf erfolg bestehen. zu ärzten hab ich nur noch wenig vertrauen. ich werd das gefühl nicht los, dass die nicht wirklich am menschen interessiert sind. die wollen auch nur ihr geld sehen. mich nervt alles nur noch!
mein tag ist eigentlich voll ausgefüllt, sodass ich gar keine zeit zum grübeln hätte. aber ich komm mir vor, wie ein roboter. den hat jemand programmiert und nun arbeitet er sein programm ab. es macht mir nichts mehr spass, absolut gar nichts. freunde können das nicht verstehen und nem pyschologen brauch ich es auch nicht mehr zu erzählen, das hab ich schon mehrmals durch.

am liebsten würde ich mir ein ticket ohne rückflug weit fort besorgen und dann dort einfach nicht mehr dialysieren. ne woche höchstens, dann wär es vorbei. diese abhängigkeit und aussichtslosigkeit - ich werd damit nicht mehr fertig. ich lebe allein und ich finds ganz einfach sinnlos!

vielleicht schafft es von euch jemand, mir mut zu machen?!

viele grüße

anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 13:06 #217579

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Hi Anja,
na, Du hast da ja ein ein ganz schönes Problem...... Aber satte 23 Jahre
Dialyse sind ja auch schon ne Menge Holz.
Ich selbst bin erst seit einem Jahr dran, kann Deine Meinung über
die Ärtzte aber schon gut verstehen.

Aber den Mut aufgeben ?? Neeeeeeeee, das solltest Du nicht.
Egal wie alt Du bist, was Du so mitgemacht hast,.....es gibt trotz allem
soooooo viele schöne Sachen und Erlebnisse auf Gottes Erde !
Ich bin zum Beispiel 36 ++ und habe festgestellt, daß ich seit der Dialyse
viel mehr auf kleine Dinge schaue.
Wie genial zum Beispiel so ne popelige kleine Spinne ist, die man früher
vielleicht einfach plattgedrückt hat....

Oder vielleicht würde es Dir helfen, wenn Du allein lebst, wenn Du Dich
einfach mal einer Organisation anschließt, die anderen Menschen hilft.
Ich selbst habe darüber nachgedacht (und bin noch dabei...) den Leuten
von Menschen für Menschen irgendwie zu Helfen.
Allerdings habe ich Familie (Frau+2 Kinder) und da hab ich naturgemäß
einiges an Abwechslung.
Und genau das isses, glaub ich.
Such Dir Abwechslung ! Irgendwas, was Dich interessiert.
Ich merk es an mir selbst. Wenn ich die Ohren hängen lasse, komme ich auf die selbe gedankliche Negativschine.
Ich musste zum Beispiel meine geliebte Harley verkaufen....... FRUST.
Aber ich hab mir einfach nen neuen PC gekauft und wusel jetzt damit
rum. Hab ich wieder was neues, was Spass macht.

Ich wünsch Dir ne gute Portion Abwechslung und....... alles Gute

Gruß

Stephan

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 14:00 #217582

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Hallo Anja,
bitte denke jetzt nicht, der weiß nicht, was er sagt, weil ich noch nicht an der Dialyse bin. Aber glaub mir, ganz weit unten war ich auch schon. Ich kenne das Gefühl, für nichts gut zu sein oder einfach keinen Sinn mehr zu sehen. Ich war schon mal drauf und dran, mir das Leben zu nehmen. Heute muß ich aber sagen: Zum Glück habe ich es nicht getan!!! Das Leben kann einem urplötzlich wieder Freude machen, obwohl man das niemals mehr für möglich gehalten hätte. Bei mir war es so, dass ich dann einfach Kontakt zu selbst wildfremden Menschen gesucht habe, einfach, um auf andere Gedanken zu kommen. Ich finde, Du bist auf dem richtigen Weg, weil Du ja schon durch Deinen Beitrag hier Kontakte suchst und Antworten suchst. Es hilft auch sehr, wenn man sich mit Freunden unterhält oder einfach wieder Beziehungen versucht aufzubauen, die man schon als verloren geglaubt hat. Ich meine, da wird sich in Deinem Leben auch einiges angesammelt haben, oder? Übrigens, ich bin auch allein und wäre sehr daran interessiert, eine Partnerschaft aufzubauen. Käme das für Dich in Betracht? Wir können ja erst einmal mailen, um uns auf diese Art und Weise etwas besser kennen zu lernen. Was hältst Du davon? Hier ist meine E-Mail-Adresse:
Ich würde mich sehr freuen, von Dir Post zu bekommen, ehrlich!
Also dann, bis bald, und Kopf hoch! Weißt Du, eigentlich kannst Du sehr stolz auf Dich sein. Die meisten Menschen auf dieser Welt wissen gar nicht, welche Entbehrungen und schlimmen Erfahrungen, verbunden mit allen möglichen Einschränkungen, ein Dialysepatient durchmachen muß. Und Du hast das 23 Jahre gemeistert. Das ist doch was! Jetzt aufgeben? Nein! Erst recht nicht! Alles hat einen Sinn, auch Deine 23 Jahre waren doch nicht nur durch Abhängigkeit geprägt. Denk doch mal an die schönen Momente, die Dir das Leben gebracht hat. Und von denen warten noch ganz viele, glaube mir.
Ich freue mich, Deine Antwort zu bekommen.
Björn, der Wartende

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 19:56 #217584

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Hallo Anja,
Deine Probleme kann ich gut verstehen, in vielen Dingen geht es mir genauso. Ob es an der langen Dialysezeit liegt (27 Jahre) mit den allmählich aufkommenden Begleiterkrankungen (die meiner Meinung nach ziemlich stiefmüttelich von den Ärzten behandelt werden) oder am alleine sein, oder daran, daß irgendwie alles zur Normalität geworden ist, weiß ich nicht genau. Vielleicht fehlt auch nur etwas Interesse eines anderen Menschen für das eigene Schicksal. Eine Patentlösung gibt es da sicher nicht und ich will Dir auch keine guten Ratschläge geben, denn wenn die funktionieren würden, hätte ich sie schon längst bei mir angewandt. Sich beschäftigen um nicht zu grübeln funktioniert so lange, bis man am Abend im Bett liegt und von der Stille überfallen wird.
Ich habe vor einigen Wochen angefangen mein Leben an und mit der Dialyse aufzuschreiben (man versucht ja einiges). Ich hatte - oder habe eigentlich immernoch - nämlich dieses blöde Gefühl, daß alles sooo normal geworden war, daß es niemanden mehr zu interessieren schien. Jetzt versuch ich durch das Schreiben irgendetwas (weiß eigentlich gar nicht genau was) zu finden, warum ich in immer tiefere Löcher falle.
Es ist nicht einfach, all das verdrängte, vergessene wieder aufzuwühlen - aber es ist auch interessant und spannend und wenn es vielleicht mal ein Buch wird, wer weiß, interessiert sich doch noch mal jemand dafür.
Wie war das eigentlich bei Dir, damals vor 23 Jahren?
Ich wünsche Dir, daß Du einen Ausstieg (aus diesem unendlich tiefen Loch) findest.
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 20:03 #217586

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Ich kenne diese Durchhänger. Lass dir doch von deinem behandelnden Arzt mal einen SSRI (selektiver Serotoninwiederaufnahmehemmer, z.B. Cipramil) verschreiben. Macht nicht breit, da kein Tranquilizer oder so, und wirkt stimmungsaufhellend. Irgendwie hört es sich für mich nämlich so an als hättest du eine echte Depression und da wirken diese Medikamente sehr gut. Allerdings dauert es 2-4 Wochen bis man was merkt. Nebenwirkungen gibt es bei den modernen SSRIs kaum.

Grüße,

Monty

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 21:44 #217587

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hallo anja,
in deinen letzten sätzen wird klar woran oder worin dein problem liegt. du lebst allein!!! ich nehme also an, dass du ziemlich einsam bist. und dies vielleicht sogar, wenn menschen in deiner nähe sind.
also versuchs doch mal mit einer arbeit, bei der du anderen helfen kannst, z. b. im altenwohnheim, bei den kirchen, bei der afrikahilfe oder wo du gerne mitmachen würdest. wichtig ist nur, dass du anderen hilft und du ein gutes gefühl dabei bekommst. mit der zeit bist du dann sehr zufrieden über dich und deine leistungen. du kannst dich wieder gut leiden!!! hoffentlich gehts dir wieder bald besser.
ich bin kein psychologe sondern nur ingenieur.
alles gute und viele grüße
scorpio

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Re: wenn die psyche spinnt.... 18 Okt 2001 22:44 #217588

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Hallo scorpio,
das Problem ist sicherlich nicht, keine Aufgabe zu haben oder für andere da sein oder zu helfen, sondern vielmehr selbst jemanden in seiner Nähe zu wissen der da ist - auch wenn man ihn nicht unbedingt braucht.
Es ist leider oft so, daß die hilfsbereitesten Menschen die einsamsten sind.
Gruß Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 19 Okt 2001 23:37 #217605

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Hallo captain, Wartender, renni, Monty, skorpio,

danke für Eure lieben Worte um mir Mut zu machen. Ich hoffe, Ihr versteht auch etwas Spass:

Also werde ich zuerst eine Pille einwerfen, wieder mehr die kleinen Krabbeltiere beobachten und bei der Afrikahilfe einsteigen. Dann heirate ich und schreibe ein Buch über mein Leben.

Aber im ernst, es geht mir wieder besser und was Ihr geschrieben habt, hat dazu beigetragen. Ich weiß nicht, warum dieser Tag gestern so schwarz war. Diese Löcher halten zwar niemals sehr lange an, aber sie werden immer tiefer, renni, wie Du schon sagtest. Ich bin eine Kämpferin und ich zieh mich immer wieder raus, aber langsam bekomme ich wirklich Angst, es eines Tages nicht mehr zu schaffen.
Die kleinen Spinnen und andere schöne Dinge, die die Natur hervorbringt nehme ich schon lange bewußter war, aber die gute Portion Abwechslung ist eine Überlegung wert, captain.
Deine Worte waren besonders warmherzig, Wartender, und ich mail Dir, versprochen. Eigentlich bin ich nicht allein, es gibt Menschen die mich mögen, aber ich fühle mich trotzdem oft einsam. Der PC ist zwar ne feine Sache, aber echte zwischenmenschliche Beziehungen kann er nicht ersetzen.
Monty, das mit dem Medikament werde ich lassen, ich neige zwar zu Depressionen, aber das Geschütz ist mir noch zu scharf. Johanniskraut wär vielleicht eine Alternative.
Anderen zu helfen, hab ich überlegt, scorpio. Du hast vollkommen recht: Indem man für andere da ist, gewinnt man wieder an Selbstvertrauen. Die Dankbarkeit anderer Menschen stärkt einen selbst innerlich wieder. Bisher fehlte mir der Mut, etwas in dieser Richtung zu tun.
Aber ein Buch, das würde ich auch gerne schreiben. Find ich ganz stark, renni, dass Du Deine Zeit an der Dialyse aufschreibst. Ich würds bestimmt lesen wollen! Und ich schreib auch gern, wie es bei mir angefangen hat vor 23 Jahren:

Ich wurde nur mit einer Niere geboren, was unentdeckt blieb. Als Kind war ich gesund und munter. Meinen schwarzen Tag hatte ich dann im Alter von 12 Jahren. Beim Sportunterricht stürzte ich und dabei platzte meine Niere. Sie war bereits erkrankt und stark mit Flüssigkeit gefüllt, nur noch ein schmaler Rand Nierengewebe vorhanden. Niemand ahnte etwas, und ich wurde noch in der folgenden Nacht operiert, wo das Malheur sichtbar wurde. Bei einer Angiographie wurde festgestellt, dass keine zweite Niere bei mir angelegt war.
Ich bekam einen Katheter in die große Beinschlagader gelegt und wurde zwei Tage später das erste mal an die Dialyse angeschlossen. Nach einer Woche wurde ich verlegt in die Uni- Kinderklinik Rostock und war dort die 2. Patientin auf der Dialysestation. Das war 1978 und ist schon ewig lange her. Damals gab es dort keine Wasseraufbereitungsanlage, mir war jedesmal übel und ich hab oft gekotzt. Erst mit 15 durfte ich in die Erwachsenendialyse nach Schwerin, meinem Heimatort. Dort ging es mir besser und vor allem die langen Fahrten fielen weg.................

Ja so hat es begonnen bei mir. Ich hatte mich damals, als ich krank wurde, sehr zurückgezogen. Es war auch ein schwieriges Alter - gerade an der Schwelle zum Jugendlichen. Man hat mich gelassen, alle haben meinen Wunsch nach Alleinseinwollen akzeptiert. Das war falsch, heute habe ich immer noch Kontaktschwierigkeiten. Aber ich werde weiter kämpfen......wie Ihr alle auch!

Ich wünsche Euch viel Kraft vor allem für die harten Zeiten, die jeder mal durchmacht!

Viele Grüße

Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 22 Okt 2001 13:16 #217613

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Hallo Anja,

zum Thema Alleinsein und Loch hast Du ja schon Tipps genug bekommen. Ich habe einfach noch eine Info zum Thema Niere. Vor knapp 9 Jahren habe ich nach 17 Jahren Dialyse bei 100 % Antikörper meine zweite Niere bekommen (die erste hat 7 Monate gehalten). Die hat immerhin 8 1/2 Jahre gehalten und arbeitete jetzt neben der Dialyse noch mit einer ca. 10prozentigen Restfunktion. Vielleicht versuchst Du es einfach doch noch einmal. Wichtig ist dabei aber die Bedingung, eine Full-House-Niere zu bekommen. Dies kann man extra vermerken lassen.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Mut zum Leben.

Beste Grüße
Monika

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 09:03 #217620

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Hallo Anja,
Was ist eine Full-House-Niere?
Herzlich
Johanna

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 09:28 #217621

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Hallo Johanna,

eine Full-House-Niere ist eine Niere mit 100prozentiger Übereinstimmung. Man durchaus auch eine Niere mit ca. 50 % Übereinstimmung transplantieren. Jedoch wenn jemand viele Antikörper hat, sollte die Übereinstimmung sehr hoch sein. Man muss allerdings auf so eine besonders gute Niere meistens sehr lange warten, da 100prozentige Übereinstimmungen nicht sehr häufig vorkommen.

Beste Grüße
Monika

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 13:07 #217625

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hallo anja,
ich freue mich, daß du dieses mal den weg aus dem loch gefunden hast. die prompten reaktionen der schreiber-innen auf deinen hilferuf zeigen, daß sie wisssen wovon die rede ist. große klasse!
es bleibt einem wohl nicht anderes übrig, als eine kämpferische haltung zu entwickeln, will man weiter leben. du mußtest ja wirklich schon sehr früh damit anfangen. und 23 jahre sind eine lange zeit!
als ich anfing mich mit den konsequenzen der diagnose auseinander zu setzten,war ich zunächst sehr optimistisch und überzeugt, wenn man nur genügend wissen hat, schafft man das auch. bis ich dann eines tages meinen bruder, der schon 13 jahre dialysierte und mir immer ein positives beispiel in der bewältigung der krankheit war, erlebte, wie auch ihn der mut verließ.
es bestätigt das was du geschrieben hast, die freunde verstehen es nicht mehr, es ist alles so normal, daß sie wieder unsensibel werden oder gar vergessen, mit welchen einschränkungen man leben muß, weil man selber ja so gut damit umgeht. man möchte nicht mehr ausschließlich für sich verantwortlich sein, andere mögen einem etwas abnehmen, es einem leichter machen, helfen beim tragen. es kommt einem jonglieren mit vielen bällen gleich, und manchmal sind es zu viele und sie fallen runter. kein mensch kann dauerhaft auf gleich hohem niveau jonglieren. es kommen ermüdungserscheinungen, und man braucht pausen. wir betroffene wissen, daß krisen wie das amen in der kirche immer wieder kommen. das alleine kann schon angst machen. da brauchen wir aufmerksame freunde die uns begleiten. und wenn keine freunde in der nähe sind oder die das nicht können, würde ich mich nicht scheuen in solchen zeiten immer wieder professionelle hilfe in anspruch zu nehmen.
was ich noch sehr wichtig finde ist, sich wirklich ernsthaft und gründlich mit dem tod auseinander zu setzen. manche sagen, er ist ein ständiger begleiter und ein freund und guter ratgeber. mit ihm kann das leben an tiefe und fülle gewinnen, egal wie lange es dauert.
herzlichen gruß, theodora

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 20:22 #217628

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Hallo Theodora,

über psychische Probleme zu sprechen, vorallem in (fast) aller Öffentlichkeit oder darüber zu reden, daß man sich einsam fühlt, kostet sicher eine Menge Überwindung. Ist doch da oft die Befürchtung nicht verstanden zu werden oder gar auf Ablehnung zu stoßen. Das ist sicherlich hier in der Anonymität dieser Foren und unter Menschen, die wissen (wie Du sagst) wovon gesprochen wird nicht so.
Und ganz bestimmt tut es auch gut nach jahrzehnter langer, zur normalität gewordener Dialysepflichtigkeit, einen (oder mehrere) Zuhörer mit etwas Verständnis zu finden.
Ich finde solche Offenheiten bewundernswert.
Viele Grüße
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 21:04 #217629

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Hallo theodora,

danke für Deine lieben Worte. Ich finde es gut, dass Du das Thema Tod ansprichst, denn daran wagen sich wohl nur relativ wenig Menschen, gerade unter uns Dialysepatienten. Ich stimme Dir zu, der Tod ist ein Teil des Lebens und jeder sollte sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Ihn als Freund und Ratgeber zu sehen, führt meiner Meinung nach zu weit. Nach dem Tod ist alles zu Ende, da folgt nichts.
Es wird sein, als wenn wir schlafen, nur ohne Träume. Wir werden nichts merken, das Leben auf der Erde wird weitergehen. An Weiterleben der Seele, Wiederaufstehung und all die Dinge glaube ich nicht. Vor dem Tod muss sich niemand fürchten.
Schlimmer ist das Sterben. Dieser Vorgang, wenn man sich quälen muss, ist sicher schrecklich. Ich möchte keinem Menschen zumuten, dass er mein Sterben einmal begleiten muss. Ich denke, ein schnelles Sterben (morgens im Bett nicht mehr aufwachen) ist ganz selten. Ich bewundere Menschen, die sich ehrenamtlich um Sterbende kümmern, das ist wahre Menscheliebe, denke ich. Das schlimmste für mich wäre, in dieser Situation allein zu sein. In den Armen eines geliebten Menschen zu sterben, das hat jeder verdient.
Mir wäre es wirklich das liebste, ich würde in Tagen, an denen es mir noch gut geht, freiwillig in den Tod gehen - auch, wenn ich damit einige sehr verletze.
Aber soweit ist es noch nicht, noch ist das Leben bunt genug, trotz vieler grauer Tage.
Viele Grüße
Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 21:58 #217630

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Hallo Anja,

ich habe die Erfahrung gemacht, daß es leichter ist mit Gleichgesinnten über den Tod zu sprechen, als mit meiner Familie oder gesunden Freunden und Bekannten. Versuche, über dieses Thema sprechen zu wollen, wurden oft dezent beiseite geschoben und der Einwand oder die Floskel: ich kann morgen auch von einem Auto überfahren werden..., läßt mich nur eine große Hilflosigkeit erkennen.
Vielleicht liegt es daran, daß wir so wenig über den Tod reden, weil einfach nur ganz wenige bereit sind zuzuhören - vorallem beim Thema Tod?
Wenn man so lange schon an der Dialyse ist, bleibt es nicht aus an den Tod zu denken, zumindest mir geht es so. Vor dem Tod selbst habe ich auch keine Angst, vielmehr aber vor dem Sterben und davor, in dieser Zeit oder diesem Augenblick alleine zu sein. Leider können wir uns das aber nicht aussuchen.
Und selbst das Ende bestimmen? Solche Gedanken waren auch schon da - sicher, aber wer hällt einen dabei im Arm?
Kein leichtes Thema Anja.
Alles Gute
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 23 Okt 2001 23:34 #217631

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Hallo renni,

ja, wer hält einen dann im Arm???

Ich denke, viele Menschen haben einfach Angst. Angst vor dem Tod, Angst vor dem Sterben, Angst vor dem Sterbenden. Sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Was sagt man jemandem, der seine letzten Stunden vor sich hat? Wichtig ist wohl, einfach nur da zu sein, die Hand zu halten und auch seine eigenen Gefühle zuzulassen. Den Sterbenden reden lassen, wenn er möchte oder ihm ein kühles Tuch auf die Stirn legen. So, so viele gehen einsam in den Tod.
Überleg mal, wieviele Menschen sind dabei, wenn wir auf die Welt kommen! Alles rennt und kümmert sich! Sind wir am Ende des Lebens denn weniger wert???
Ich würde gern in der Hozpizbewegung oder der Aidshilfe mitarbeiten, aber ich habe genau diese Angst. Wenn ein Mensch stirbt, ist es immer sehr bewegend und traurig.
Wenn ich an meinen eigenen Tod denke, würde ich von niemandem verlangen, dass er bei mir ist. Aber wünschen täte ich es mir sehr. Was kann man da tun? Überlege mal, was für ein Gefühl hättest Du, wenn jemand von Deinen Freunden Dir sagt: Wenn ich sterbe, möchte ich, dass Du meine Hand hältst?! Ich würde heulen, ihn in die Arme nehmen und es versprechen.....und es tun! Und ich denke, wenn ich das zu meinen Freunden sagen würde, wäre die Antwort: Spinn jetzt nicht rum!

Ja, wer hält einen dann im Arm???

Lass uns lieber noch etwas leben!

Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 24 Okt 2001 00:11 #217632

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Hallo Anja,

ich will noch eine ganze Menge Leben! Und genug davon ist sicherlicht nicht genug Anja.
Aber Wollen und Können sind oft zwei Paar Stiefel - wenn Du verstehst was ich meine.
Das Gefühl manchmal, irgendwie schon lange überfällig zu sein und der Drang mit irgendjemanden darüber reden zu müssen und dann dieser darauf folgende Gedanke: Mit wem und wer würde es verstehen?
Du hast vollkommen recht, verlangen kann man nichts, sich wünschen viel.
Bleibt nur die Hoffnung, daß sich wenigstens dieser eine Wunsch erfüllt.

Ich wünsche Dir eine gute Nacht.
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 25 Okt 2001 10:59 #217640

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hallo anja,
recht hast du, es ist sehr wichtig, seine eigenen gefühle zuzulassen, für beide seiten. oft empfinden die angehörigen und freunde es auch als hilfe, wenn man das sterben anspricht. ich habe einmal von einer frau gehört, die sagte zu ihren freunden, laß uns jetzt von was wesentlichem reden, nämlich über unsere beziehung und wie ich sterben möchte, wir haben nicht mehr so viel zeit. und es wurde ganz dankbar angenommmen. viele menschen trauen sich nicht, sich den angehörigen und freunden zuzumuten und schweigen deshalb.aber das verstärkt nur die eigene einsamkeit und die anderen können auch nicht richtig von einem abschied nehmen. wenn es gelingt offen darüber zu reden, empfinden es meistens beide seiten als gewinn und die erinnerung an den verstorbenen bleibt lebendiger.
als nierenkranker hat man ja wie selten ein mensch, es tatsächlich in der hand zu bestimmen, wann man sterben möchte. das ist eine große verantwortung und es verlangt von einem die entscheidung, ob man tatsächlich darüber bestimmen will. diese besondere situation sollten andere auch respektieren. jeder gang zur dialyse ist ja schon eine entscheidung.
deine idee, in der hospitzbewegung dich zu engagieren, kann ich nur unterstützen, du wirst sicherlich einen gewinn davon haben. du mußt nur aufpassen, daß du dir nicht zu viel zumutest, sondern auch pausen einlegst, und es dir gut gehen läßt. vielleicht informierst du dich erst einmal wie die überhaupt arbeiten. durch eine freundin, die dort arbeitet( und ihren mann durch krebs verloren hat) weiß ich, daß man eine ausbildung bekommt und daß sehr genau darauf geachtet wird, daß man sich psychisch nicht überfordert und man immer auszeiten nehmen kann.
ich denke mit der beschäftigung verliert auch das sterben seinen schrecken, es wird vertrauter und damit weniger ängstigend.
du hast die befürchtung, daß deine freunde abwehrend auf dein anliegen reagieren, dann teste sie, nur dadurch bekommst du raus, auf wen du dich im ernstfall verlassen kannst. was man gestalten kann, sollte man auch tun.
einstweilen herzlichen gruß, theodora


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Re: wenn die psyche spinnt.... 26 Okt 2001 00:03 #217649

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Hallo Uwe,

wenn Du Dich schlecht fühlst und wieder eines dieser unendlich tiefen Löcher an Dir nagt, oder wenn Du Dir wünschst, mit jemandem zu reden, über Deine Ängste, Deine Wünsche und Träume.......über das Gefühl, längst überfällig zu sein - ich höre Dir sehr gerne zu, mit mir kannst Du es! Wenn Du diesen Wunsch meinst....Du mußt Dich nicht zurückhalten!
Ich kann Dich so sehr verstehen! Weißt Du, was ich von Dir bisher gelesen habe, spricht von viel Erfahrung und Menschlichkeit. Aber auch Du brauchst mal Trost und das Gefühl, aufgefangen zu werden. Was Dialyseerfahrung und Verständnis betrifft.....ich kann jeden Moment, jede Qual nachvollziehen. Ich hoffe, Du hast gute Freunde, die Dich ab und zu mal in den Arm nehmen (auch im übertragenden Sinne gesehen). Wenn Dich etwas bedrückt - ich reiche Dir meine Hand! ! !
Schreibe mir, gern auch mal einfach so:
Alles Liebe wünsche ich Dir
Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 26 Okt 2001 13:44 #217652

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Hallo lieber Uwe, hallo liebe Anja,
als ich Eure Beiträge zur Psyche las, da ist mir sehr warm ums Herz geworden. Uwe kennt mich schon ein wenig aus dem Chat, Anja hat ein sehr sehr großes Herz und unheimlich viel Mitgefühl. Ich denke, Ihr beide werdet es schaffen, Euer langes Dialyseleben auch mit Eurer Seele in Einklang zu bringen. Ihr seid auf einem guten Weg dazu. Wißt Ihr, für mich stellt Ihr wirklich Vorbilder dar, wie man sein Leben auch mit Dialyse meistern kann, ehrlich. Ich bin sehr stolz auf Euch und meine, Ihr gebt beide gute Beispiele ab für Menschen wie mich, die das noch vor sich haben.
Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, meine Krankheit und vor allem die Folgen, die sie mit sich bringen wird, als ein Teil von mir zu akzeptieren. Sicherlich habt Ihr meinen ersten Beitrag in diesem Forum gelesen, da war ich ja ziemlich weit unten. Aber inzwischen haben Menschen wie Ihr beide dazu entscheidend beigetragen, dass ich über das Leben anders, bewußter und vor allem viel intensiver nachdenke, als sog. Gesunde. Dafür danke ich Euch sehr, natürlich gilt der Dank auch allen anderen Forenschreibern, die mir hier geholfen haben. Ich finde, Ihr beide gebt so viel zurück, vielleicht ist Euch das gar nicht bewußt? Deshalb möchte ich das hier mal publik machen. Ich denke, das werden viele verstehen. Nochmals ein großes herzliches Dankeschön, dass Ihr mir die Augen geöffnet habt für Dinge, die mir vorher verschlossen waren.
Viele liebe Grüße von dem Wartenden
Björn

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Re: wenn die psyche spinnt.... 26 Okt 2001 23:37 #217656

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Hallo Björn,
das wir Dir etwas von Deiner Angst oder Perspektivlosigkeit nehmen konnten, war eine gern getane und selbstverständliche Sache - wenn es vielleicht auch nur beiläufig geschehen ist. Und sicher ist es auch gut für Dich, die bevorstehende Dialyse jetzt in einem etwas anderem Licht zu sehen, mit Sicherheit kann man mit ihr alt werden. Die Möglichkeiten dazu sind vorhanden. Informiere Dich und rede mit Deinen Ärzten, frage, löchere sie wenn es sein muß, denn das ist die Grundvoraussetzung: Wissen!
Ich hoffe, wir sehen uns mal wieder im Chat.
Bis dahin wünsche ich Dir alles Gute
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 27 Okt 2001 00:16 #217657

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Hallo Theodora,
Gefühle spielen im Leben eines Menschen sicherlich eine bedeutende Rolle, sind sie doch das kostbarste Gut, das er besitzt (manche sagen es wäre der Verstand). Sie prägen und bestimmen den Tagesablauf durch emotionales oder rationales, von der Vernunft bestimmtes Handeln.
Nun ist es aber eine Eigenart des Menschen, das er nicht immer Vernünftig ist. Durch diese Unvernunft kann es dann schon mal passieren, daß, wie es heißt, die Gefühle mit einem durchgehen.
Für solche Gefühlsausbrüche können Freude, Trauer, Wut oder Angst verantwortlich gemacht werden.
Es ist bezeichnend für uns, daß in solchen Situationen Psychiater oder Psychotherapeuten oft die einzigen Menschen sind, denen man sich dann (mit dieser Krankheit?) anvertrauen kann.
Ganz wissenschaftlich und nüchtern wird dann analysiert, warum man die Kontrolle verloren hat...

Wir leben in einer, vom Terminkalender vorgeschriebenen, leistungsorientierten Welt, in der man oftmals sogar mit einem schlechten Gewissen kämpfen muß, will oder muß man die Zeit eines anderen Menschen in Anspruch nehmen.
Schließlich ist Zeit Geld, wie es oft beiläufig erwähnt wrid und Geld regiert nun mal die Welt. Ein schlimmes Vergehen heutzutage scheint mir darin zu bestehen, jemanden von irgendeiner wichtigen (?) Tätigkeit fernhalten zu wollen.
Wer sich also nur etwas Zeit oder Geduld erhofft, hat von vornherein meißt schon schlechte Karten. In einer Gesellschaft, die von Geschäftemachern und Konsum beherrscht wird, lohnt es sich vielleicht nicht zuzuhören, geschweige denn, sich zu interessieren.
Wieviel problematischer ist es dann erst, wenn man einen Menschen seiner Nähe, bzw. seiner selbst wegen braucht?

Seit einigen Jahren werden in den Medien Menschen mit ihren Gefühlen vorgeführt, wird das Innerste schonungslos aufgedeckt, um eine möglichst hohe Einschaltquote zu erziehlen.
Es mag ja Menschen geben, deren Hauptbeschäftigung darin liegt, ihren letzten Rest von Intimität in die Öffentlichkeit zu tragen und vielleicht macht es ihnen auch nichts aus, wenn nicht einmal vor der Schlafzimmertür halt gemacht wird (die Masse und das Interesse der Zuschauer gerechtfertigt es ja).
Bestimmt sind aber auch viele Menschen dabei, für die diese Art des sich mitteilens der einzige Weg ist, aus einer quälenden Einsamkeit zu entfliehen (endlich interessiert sich jemand für mich). Wer aber weiß schon, was in einem Menschen nach diesem seelischen Striptease vorsich geht und vorallem, wen interessiert es dann?
Selber schuld, möchte man meinen, ist es doch (neben den finanziellen Anreizen) die freiwillige Entscheidung jedes Einzelnen, sich für derartige Zwecke herzugeben.
Mir drängt sich hier aber die Frage auf, ist wirklich alles freiwillig, wenn Gefühle mit im Spiel sind? Und damit wären wir wieder beim Verstand und der Vernunft, die unsere Gefühle zu kontrollieren haben.
Das Bedürfnis nach Nähe und Kontakt zu anderen Menschen ist aber nun mal in uns allen vorhanden. Der Wunsch, Empfindungen und Erlebnisse zu teilen, sich mitzuteilen und auszutauschen oder die Sehnsucht nach Wärme, Geborgenheit, Liebe und Zärtlichkeit.

Gefühle - es gäbe soviel darüber zu sagen, aber ein heikles Thema heutzutage finde ich.

Viele Grüß
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 28 Okt 2001 01:44 #217659

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Hallo Uwe,

ich finde, Gefühle dürfen einfach kein heikles Thema sein in der heutigen Zeit. Wie Du schon sagst, sie sind das wichtigste, das wir haben. Jeder sollte zu seinen Gefühlen stehen, ob sie nun positiv oder negativ sind. Auch Wutausbrüche und dergleichen haben nichts mit Unvernunft zu tun, denke ich. Manchmal ist es richtig, vor Wut zu heulen oder zu schreien oder auch vor Freude zu hüpfen oder laut zu lachen. Zum Glück werden die Gefühle nicht durch den Verstand gesteuert, sie sind immer zuerst da. Bevor der Verstand einsetzt, ist immer erst das Gefühl da. Der Verstand unterdrückt sie nur leicht heutzutage.
Im öffentlichen Leben ist das sicher notwendig und wichtig für das Zusammenleben. Ich denke, wenn man sich dort emotional zurückhält, ist man selbst auch besser gewappnet gegen Angriffe von außen. Es bewahrt eine gewisse Distanz zu anderen, eben mehr Sachlichkeit. Dagegen sollte man im Privatleben, gegenüber seinen Freunden immer authentisch sein, das finde ich wichtig. Auch sich selbst gegenüber! Wenn ich traurig bin, muss ich halt weinen und wenn ich mich freue, auch mal laut lachen, wenn ich wütend bin, knallen schon mal die Türen und wenn ich liebe, vergesse ich alles um mich herum. Manchchmal ist es schwer, weil man andere nicht verletzen möchte, aber jeder hat ein Recht auf seine Gefühle. Mir selbst sind Menschen, die offen Gefühle zeigen, wesentlich lieber, als sehr verschlossene Charaktere. Man kann leichter auf sie eingehen, finde ich.
Also am besten immer rauslassen, es erleichtert sehr!
Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 28 Okt 2001 19:47 #217668

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Hallo theodora,

danke für Deine mutmachenden Worte. Alles, was Du schreibst, finde ich bedenkenswert. Vielleicht wage ich einmal den Schritt, mich in der Hospizbewegung zu engagieren. Wichtig finde ich auch die Tatsache, dass jeder durch ein Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht selbst bestimmen kann, was im Falle z.B. eine schweren Unfalles getan werden darf, um ein Weiterleben zu ermöglichen bzw. wer bei eigener Handlungsfähigkeit seine Angelegenheiten erledigt. Auch hierüber gibt der Hospizverein Auskunft. Wenn ich als Patient also nicht daran interessiert bin, dass mein Leben nur durch viele Apparate fortgesetzt wird, kann ich in gesunden Tagen darüber entscheiden. Auch für Dialysepatienten eine Gelegenheit mehr, über ihr Leid mitzubestimmen, finde ich. Dies kommt natürlich später nur zur Anwendung, wenn ich selbst nicht mehr dazu in der Lage bin, mich zu äußern!
Also, auch Dir viel Mut und liebe Grüsse!
Anja

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Re: wenn die psyche spinnt.... 28 Okt 2001 22:17 #217671

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Hallo Anja,

ich stimme Dir voll und ganz zu: Man muß zu seinen Gefühlen stehen.
Nur wird es verdammt schwer, wenn man sie nicht rauslassen darf weil es der Verstand verbietet. Solche Situationen kennst Du vielleicht auch.
Und dann diese Gefühle wieder in den Griff zu kriegen (oder gar wieder abstellen), das dauert und dauert und dauert, einmal abgesehen von den Schäden die sie in dieser Zeit anrichten können (Psyche, Blutdruck, Herz usw.).
Ich stehe aber trotzdem weiterhin zu den meinen.

Lieber Gruß
Uwe

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Re: wenn die psyche spinnt.... 06 Nov 2001 15:57 #217755

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hallo anja und uwe,
ein gleichgewicht zwischen vernunft und gefühl zu finden ist sicherlich manchmal nicht leicht.und es gibt beides daß die gefühle einem in die quere kommen oder die vernunft. in der psychologie gibt es den schönen begriff der selektiven offenheit, man muß nicht immer und zu allen zeiten seine gefühle offen herumtragen, genauso wenig sinnvoll ist es, seinen verstand immer und überall an erste stelle zu setzen und seine gefühle davon unterdrücken zu lassen. die kunst besteht darin, situationsangemessen, den eigenen bedürfnissen angemessen zu agieren. auch z. b. darauf zu achten die eigenen verletzungsgrenzen zu berücksichtigen.
manchmal kommt man auch dazu, seinen bekanntenkreis zu verändern und sich leute zu suchen bei denen man sich besser aufgehoben fühlt als bei denen, die einen bislang enttäuscht haben. hilfreich ist die frage: mit welchen menschen kann ich mein bedürfnis nach mehr nähe und offenheit leben, wie kann ich diese leute finden? daas geht manchmal nur mit versuch und irrtum, versuchsballons starten, und wenn es nicht funktioniert, sich an der stelle wieder zurückziehen, ohne zu sehr gekränkt zu sein.
die angst, sich anderen menschen zuzumuten und zeit und aufmerksamkeit in anspruch zu nehmen, ist verständlich, aber es nützt nichts, man hat die wahl in einsamkeit zu verharren und selbstmitleid vielleicht, oder die angst zu überwinden und erfahrungen zu sammeln positiver und negativer art. und wenn einen dabei ein/e professionelle/r helfer/in unterstützen kann, umso besser. das ziel ist doch letztendlich das zu bekommen was man braucht:zeit, ein offenes ohr, verständnis, anteilnahme usw. dadurch wird auch das leben der anderen bereichert,(wir haben doch nicht nichts zu bieten!)

ich glaube nicht, daß die möglichkeit, sich in talkshows zu präsentieren, für manche der letzte weg aus der einsamkeit ist. das hat mittlerweile eine eigendynamik der selbstdarstellung entwickelt, die nichts mit seriöser auseinandersetzung mit problemen zu tun hat. man muß einfach wissen, wenn man zu so was hingeht werden die gefühle vermarktet, sonst nichts.

zur patientenverfügung: dies finde ich auch ein sehr wichtiges instrument der selbsbestimmung. es verhilft einem auch dazu, rechtzeitig seine dinge zu ordnen.
ich habe z.b. erlebt wie mein schwiegervater sein leben zu ende geordnet hat, das war auch eine erleichterung für die hinterbliebenen, aber vor allem war ich erstaumt wie das geht und in welcher ruhe er es gemacht hat. am ende blieb nur das verabschieden und das gehen. der kreis des lebens hatte sich organisch geschlossen.
herzlichen gruß theodora

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Re: wenn die psyche spinnt.... 06 Nov 2001 18:52 #217762

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Hallo theodora,

danke für Deine Antwort! Was Du schreibst, kann ich nur bestätigen. Gefühle sind so wichtig, aber auch schwer zu handhaben. Um der Einsamkeit zu entrinnen, muss man den Schritt nach vorne wagen. Wenn ich zehn mal den Versuch mache, mit jemandem in Kontakt zu treten, und sieben Absagen bekomme, habe ich schließlich immer noch drei Menschen für mich gewonnen.
Durch mein Anliegen hier im Forum ist es mir gelungen, mit zwei lieben Menschen eine nähere Beziehung aufzubauen, darüber bin ich sehr froh. Auch wenn das Internet keine persönlichen Kontakte ersetzen kann, so ist es doch eine Möglichkeit, seinen Bekanntenkreis zu erweitern, und neue Erfahrungen zu sammeln. Gerade bei Dialyse-Online finde ich Verständnis für mein ganz spezielles Problem der Dialyse, es ist eine empfehlenwerte Enrichtung.
Aber ich halte es auch für sehr wichtig, sein Leben weiterhin so zu gestalten, dass die Dialyse nicht im Mittelpunkt steht. Manchmal ist das sehr schwer, weil man ständig an sie erinnert wird: Sei es beim Essen und Trinken, oder weil man Schmerzen verspürt, die mit der Dialyse in Zusammenhang stehen. Gerade für Menschen, die nicht mehr berufstätig sind, gilt, sich eine sinnvolle Beschäftigung zu suchen. Eine Aufgabe, die auch Spaß macht, die man ohne äußeren Druck und nur für sich selbst, zur eigenen Freude erledigt. Der Weg sollte dabei das Ziel sein! Ich suche noch nach so einer Aufgabe, aber ich werde sie irgendwann finden.

Viele Grüsse

Anja

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